Vergleich mit der Schweizer HIV-Kohorte
Strong Impact of Smoking on Multimorbidity and Cardiovascular Risk Among Human Immunodeficiency Virus-Infected Individuals in Comparison With the General Population
Hasse B, Tarr PE, Marques-Vidal P, Waeber G, Preisig M, Mooser V, Valeri F, Djalali S, Rauch A, Bernasconi E, Calmy A, Cavassini M, Vernazza P, Battegay M, Weber R, Senn O, Vollenweider P, Ledergerber B for the Cohorte Lausannoise (CoLaus Cohort), FIRE, and the Swiss HIV Cohort Study
Open Forum Infect Dis. 2015;2(3):ofv108
Hintergrund:
Dank der medikamentösen Therapieentwicklung der letzten Jahre hat sich die Lebenserwartung HIV-infizierter Menschen signifikant verbessert und unterscheidet sich heute kaum noch von der Lebenserwartung der nicht-infizierten Bevölkerung. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Patienten zusätzliche, nicht HIV-assoziierte Erkrankungen akquirieren. Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz verschiedener Komorbiditäten unter HIV-Patienten zu untersuchen und mit den Prävalenzraten in einer Population von nicht-HIV infizierten Hausarztpatienten und in der Normalbevölkerung zu vergleichen.
Methoden:
Zu diesem Zweck wurden die Datenbestände von drei verschiedenen «Kohorten» untersucht: Patienten aus der Schweizer HIV-Kohorte, Patienten aus dem FIRE-Projekt und Teilnehmern der Cohorte Lausannoise (CoLaus). FIRE repräsentierte Hausarztpatienten, CoLaus die Normalbevölkerung. Verglichen wurden die Prävalenzraten von (kardio-)vaskulären Erkrankungen/Ereignissen (Herzinfarkt, Koronare Herzerkrankung, Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, Schlaganfall), Diabetes mellitus, Niereninsuffizienz und Leberfunktionsstörungen. Unterschiede der Kohorten hinsichtlich Alter, Geschlecht, Body Mass Index und Tabakkonsum wurden dabei berücksichtigt.
Ergebnisse:
Daten von 66‘492 Patienten aus dem FIRE-Datenpool konnten 4‘569 Menschen aus der Normalbevölkerung (CoLaus) und 3‘230 Patienten aus der Schweizer HIV-Kohorte gegenübergestellt werden. Die Ergebnisse zeigten, dass Multimorbidität − das heisst das gleichzeitige Vorliegen mehrerer chronischer Erkrankungen − in allen drei Kohorten häufig, unter HIV-Patienten aber besonders ausgeprägt war (HIV-Kohorte 27%, CoLaus 26%, FIRE 13%). HIV-Patienten waren häufiger von Bluthochdruck, Nieren- und Leberfunktionsstörungen betroffen als nicht-HIV infizierte Personen. Zwischen HIV und Koronarer Herzerkrankung bestand keine Assoziation, wohl aber zwischen Tabakkonsum und Koronarer Herzerkrankung, wobei HIV-Patienten häufiger als die Normalbevölkerung rauchten (37% vs. 22%).
Schlussfolgerung:
Die Arbeit zeigt, dass die FIRE-Datenbank sich gut eignet, um Referenzdaten aus der Hausarztmedizin für fachspezifische Forschungsprojekte beizusteuern. Die klinische Schlussfolgerung ist, dass nicht direkt HIV-assoziierte chronische Erkrankungen bei HIV-Patienten tatsächlich häufig auftreten, insbesondere solche, die mit Tabakkonsum in Zusammenhang stehen. Der Fokus der spezialisierten Behandlung von HIV-Patienten sollte darum um klassische Aufgaben der Hausarztmedizin erweitert werden. Genau wie bei nicht-HIV infizierten Personen sollten Lebensstilinterventionen zur Prävention integriert werden, insbesondere die Rauchstoppberatung.